Turbulenzromantisch

Iván Fischer im Konzerthaus, Petrenko und Oramo bei den Berliner Philharmonikern: Entdeckungsreisen von Sinigaglia bis Langgaard

Drei hochinteressante Programme, reich an Unbekanntem: Iván Fischer ist zwar formal bloß der Ex, aber irgendwie doch der Chefdirigent der Herzen am Konzerthaus, jeder seiner Besuche ein Hochlicht. Boss Kirill Petrenko gab bei den Berliner Philharmonikern letzte Woche das vielleicht wichtigste Konzert der Saison. Und dieser Tage dirigierte Sakari Oramo ebendort ganz Seltsames: ein unverschämtes Werk, das alle hundert Jahre gespielt wird.

Foto: Steven Mathey CC BY-SA 4.0
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Wiedersehrauschend: Einmal Konzerthaus, zweimal Philharmonie

Schlechte Vorsätze überstehen nicht mal das erste Wochenende: Der Konzertgänger wollte doch, wenns endlich wieder losginge, nicht mehr allabendlich in die Säle sausen! Nun aber, da der öffentliche Konzertbetrieb wieder begonnen hat, ist er am Freitag wie am Samstag auf der Piste und lässt auch den Sonntag nicht aus. Im Akkord getestet und dauermaskiert. Denn es ist ja wie ein Wiedersehen mit guten alten Bekannten, die man allzu lang vermisst hat: Iván Fischer und Anna Prohaska im Konzerthaus, die Berliner Philharmoniker, Vladimir Jurowski und „sein“ RSB. Es fühlt sich an wie Heimkehr.

Das Publikum kehrt zurück!
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Wollmilchig: Eröffnung von Young Euro Classic

Eierlegende Wollmilchsäue

Morgens Friday for Future mit Greta T. am Invalidenpark, abends Pastorale mit Ludwig van B. im Konzerthaus: Zu letzterer nimmt der Sohn des Konzertgängers seinen Vater mit – Eröffnung von YOUNG EURO CLASSIC, dem großen Klassikfestival der Sommerferienschwänzer! Zwanzig Jahre wird das heuer alt und setzt einen van B.-Schwerpunkt, weil der nächstes Jahr bekanntlich putzmuntere 250 Jahre alt geworden wäre und immer noch in Wien leben würde, wenn, ja wenn er sich damals nicht so schlimm erkältet hätte bei der Kutschfahrt im Winterregen. Es wird nicht der letzte Beethoven-Zyklus bleiben in den kommenden 18 Monaten.

Es eröffnet das Polska Orkiestra Sinfonia Iuventus imienia Jerzego Semkowa.

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Knallziseliert: Budapest Festival Orchestra im Konzerthaus

Nach der jensinnig-verzwickten Psalmensinfonie noch einen dreinfahrenden Sacre, will man das wirklich? Aber die Knaller müssen abgehakt sein beim Strawinsky-Festival im Berliner Konzerthaus, jene des Herzens und jene des Staats (um mal Sarah Kirsch fehlzuzitieren). Schade allerdings auch im abschließenden Konzert mit dem Budapest Festival Orchestra, dass der späte Strawinsky ganz ausgespart bleibt. Dafür gibt es vorab drei Knallbonbons.

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Elefantastisch: Concertgebouw-Orchester im Konzerthaus

Endlich mal wieder ein rundweg königlicher Auftritt des Koninklijk Concertgebouworkest in Berlin! Zweimal war das Nach-Mariss-Jansons-Orkest in den letzten Jahren hier: einmal mit einem Dirigenten, bei dem der Konzertgänger nicht recht weiß (Manfred Honeck), einmal mit einem deprimierenden Totalausfall (Gatti, unabhängig von den später publik gewordenen Grabscherei-Vorwürfen). Nun aber Iván Fischer, beim Festival Absolut Strawinsky!

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Gespreizt: Strawinsky animiert und :animated im Konzerthaus

Diese Reihe ist mehr als Absolut Iván Fischer! Zwar sind dessen drei Programme mit dem Konzerthausorchester (Bericht dazu unten), dem Concertgebouw und dem Budapest Festival Orchestra das Rückgrat und wohl auch der Anlass des Konzerthaus-Festivals Absolut Strawinsky! Aber rundherum ranken und spreizen sich speziellere und kleinere Formate: Es gab bereits Evenings am Kamin und ein live-elektronisch bereichertes Petruschka-Popuschka der Jungen Norddeutschen Philharmonie – darüber müssen Sie sich von anderen berichten lassen. Mit dabei war der Konzertgänger dafür bei der Geschichte vom Soldaten in einer Produktion des umtriebigen Podium Esslingen unter dem Titel strawinsky:animated.

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Herzmittdrin: Iván Fischer und das Konzerthausorchester spielen Mahlers Neunte

Es gibt im Konzerthaus am Gendarmenmarkt diese mittendrin-Reihe des Ex-, Ehren- und für manche Hörer Irgendwie-immer-noch-Chef-Dirigenten Iván Fischer, bei der Musiker und Publikum bunt durcheinander gewürfelt sitzen und die bekannten Stücke auf einmal ganz sonderbar klingen. Aber wenn der Fischer Gustav Mahler dirigiert, kann man auch senkrecht überm Orchester sitzen oder jottweedee im elfzehnten Rang und die Konzerthaus-Akustik kann so schluffmuffig sein, wie sie will – man wähnt sich auch hier mittendrin im Herz der Musik. Mahlers 9. Sinfonie beginnt in D-Dur und endet in Des-Dur, wenn man das überhaupt noch so nennen will; ein kleiner Schritt auf der Tonleiter, aber ein großer Schritt für die Menschheit usw, und für den markerschütterten Hörer schon mal überhaupt. Weiterlesen

Beherzt: Berliner Philharmoniker, Fischer, Gerhaher mit Dvořák, Wolf, Schubert

Für den Weltklasse-Orchester-Freund in Berlin ist bereits zwischen drittem und viertem Advent Bescherungsbrimborium: Dienstag und Freitag die Wiener Philharmoniker im Konzerthaus am Gendarmenmarkt, Donnerstag die Berliner Philharmoniker in ihrem eigenen Haus. Ein herzensvolles Konzert, Iván Fischer dirigiert, Christian Gerhaher singt: auf dem Gabentisch liegen Dvořák, Lieder von Hugo Wolf und Schuberts große C-Dur-Sinfonie.

Die Legenden op. 59 von Antonín Dvořák scheinen mit zwei Stück gerade richtig dosiert: Nummer 6 in cis-Moll und Nummer 10 in b-Moll, die letzte. Sie alle zu hören, würde vielleicht Überdruss bereiten. Weiterlesen

Feenbärtig: KHO, Fischer, Schiff kündigen die Wiener an

Brahms (links) und Schubert (rechts)?

Konzert mit Verwien-Aroma™: Sind, adventlich metaphert, die Wiener Philharmoniker in der ihnen gewidmeten Hommage im Berliner Konzerthaus das Christkind, so ist das gastgebende Konzerthausorchester das Johannestäuferlein, mit Iván Fischer als Zacharias und András Schiff als Elisabeth (vgl. Lukas Kapitel 1). Lediglich auf dem Papier droht dem Eröffnungsprogramm der Wiener-Hommage bedenkliche Schieflage, weil im ersten Teil einmal Fettiges und einmal Gewichtiges sitzt, im zweiten Teil dann jugendlich Schwungvolles. Aber Dirigent Iván Fischer wuppt alles ins Gleichgewicht.

Dabei ist es rein äußerlich der alttestamentliche Standard-Ablauf Ouvertüre (Strauss), Solokonzert (Brahms), Sinfonie (Schubert). Weiterlesen

Vorspielhaft: Saisonvorschau & Konzert mit Juraj Valcuha im Konzerthaus

Vorspielhaft, nennt András Schiff die Arbeit des Berliner Konzerthauses und besonders des Noch-Chefdirigenten Iván Fischer. Und auch wenn er sich gleich zu beispielhaft verbessert, kann man das Wort gut stehenlassen, um die Vielseitigkeit und das lebendige Musizieren am Konzerthaus Berlin zu preisen. Den Eindruck von Schnarchmottigkeit, der das Konzerthaus-Image früher prägte, hat diese Vitalität doch ziemlich vertrieben. Mehr noch als die schnieken und preisgekrönten Social-Media-Kampagnen wie #klangberlins, die natürlich auch Nachfolger haben in der neuen Saison 2018/19 unter dem Motto Eins mit Berlin.

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Klanggärtnerisch: Takemitsu und Beethovens Neunte im Konzerthaus

Was tun mit der übergroßen, entsetzlichen Neunten? Nichtspielen ist auch keine Lösung. Fürs Abschaffenwollen würde man am Ende noch vom Teufel geholt, wie Adrian Leverkühn.

Iván Fischer tut also im Konzerthaus zweierlei, um den Panzer unserer Ohren und unserer Herzen aufzubrechen. Weiterlesen

Goldsilbrig: Mendelssohns „Italienische“ und Mahlers „Lied von der Erde“ im Konzerthaus

Es gibt Programme, die kicken den Konzertgänger auf den ersten Blick. Obwohl er auch auf den zweiten und dritten Blick nicht ganz sicher ist, warum. Felix Mendelssohn Bartholdy und Gustav Mahler, das ist so ein Fall. Iván Fischer kombiniert die beiden beim Konzerthausorchester, das man ja schon deshalb mögen muss, weil es sich ohne blöden Bindestrich schreibt. (Daher der ganze folgende Text über die dritte, samstagabendliche Aufführung ohne Bindestriche.)

Warum kickts nun? Weil da Tag und Nacht aufeinandertreffen? Das sonnensüdliche Diesseits der Italienischen Sinfonie  und das schwarzschattene Jenseits des Lieds von der Erde? Felix Yin Mendelssohn und Gustav Yang Mahler? Aufbruch und Abschied überdies, wie Jens Schubbe im Programmheft schreibt, ideales Italien und eigenartiges Chinafantasma. Und beide überaus sanglich. Weiterlesen

Zartnagelnd: Mozarts Es-Dur-Sinfonie und Requiem mit Iván Fischer im Konzerthaus

Was spielt man so vor Mozarts Requiem? Beim Musikfest grundierte der teils vergötterte, teils verspötterte Teddy Currentzis es mit einem mystischen Overkill von Hildegard von Bingen bis Ligeti. Iván Fischer hingegen spiegelt und kontrastiert das Mozart-Requiem beim Konzerthausorchester Berlin mit — nun ja, mit Mozart. Eine helle, federnde Sinfonie Nr. 39 Es-Dur KV 543 gibts vor der Pause. Höchste Lebensfreude, die durch ihre Momente von plötzlicher Eintrübung nur noch größer wird. Und durchs Bewusstsein, was danach kommen wird: Il Requiem. Weiterlesen

Flüchtig: Konzerthausorchester, Iván Fischer und Gustav Mahler spielen Gustav Mahler

Séance in der Philharmonie! Nicht nur das Konzerthausorchester verirrt sich beim Musikfest an diesen ungewohnten Ort, sondern Gustav Mahlers Geist erscheint höchstpersönlich. Und er findet sich dort schneller zurecht als Dirigent Iván Fischer, den man neulich bei Gardiners Poppea orientierungslos herumsuchen sah, bis das Personal ihn an seinen Platz in Block A führte. Gustav Mahler aber findet ohne Probleme den Steinway-Flügel, der für ihn vor dem wartenden Orchester aufgebaut ist. Weiterlesen

Weh: Konzerthaus-Saisoneröffnung mit Iván Fischer und Cameron Carpenter

Einiges tut weh bei dieser Saisoneröffnung im Konzerthaus Berlin. Zum Glück überwiegt das wohlige Weh.

Aber vor Mahlers Fünfter mit dem Konzerthausorchester gibt es erstmal Cameron Carpenter zu bestaunen, den Organisten, der Patricia Kopatchinskajas Nachfolge als Artist in Residence antritt. Zwangsvorstellung des Konzertgängers: dass bei Johann Sebastian Bach, als er in einer Leipziger Probe vor Ärger seine Perücke herunterriss und darauf herumtrampelte, eine ähnliche Haarbürste zum Vorschein käme wie auf Carpenters Kopf. Weiterlesen