Umzugszeit!

Seit 2015 führe ich diesen Blog. Manchmal mit Euphorie, dann wieder durch Phasen, in denen die Motivation nachließ oder die Zeit knapp war. Jetzt ist für mich der Punkt gekommen, an dem ich einen Neustart wagen möchte. Hundert11 Konzertgänger in Berlin wird weitergehen, aber an einem neuen Ort: als eigenständiger Blog unter dem seriösen Dach des VAN Magazins. Sie werden ihn wiedererkennen:

van-magazin.de/hundert11

Und hier können Sie den VAN Newsletter abonnieren, der Sie wöchentlich über neue Beiträge informieren wird. Dort haben Sie auch die Möglichkeit, ein kostenloses und unverbindliches Monats-Abo des VAN Magazins inklusive Blog zu erhalten.

Den Spenderinnen und Spendern für Hundert11 der vergangenen Jahre werde ich in den nächsten Tagen noch gesondert schreiben. Ihnen möchte ich als Dank für die Unterstützung gerne ein kostenloses Jahres-Abo des VAN Magazins schenken.

Bei Ihnen allen, liebe Leserinnen und Leser, möchte ich mich an dieser Stelle herzlich für Ihr Interesse, Ihre Zeit und Anregungen, Ihren Zuspruch und auch Widerspruch bedanken. Ich hoffe auf ein Weiter- und Wiederlesen nach dem Umzug!

Zum Anfang des Blogs

Drei neue Beiträge

Drei Beiträge sind in den letzten Tagen auf „Hundert11“ unter dem neuen Dach des VAN Magazins erschienen. Noch einmal möchte ich Sie herzlich dorthin einladen: van-magazin.de/hundert11. Sie finden ausführliche Berichte über die Berliner Mahler-Konzerte des Concertgebouworkest mit Iván Fischer und des London Symphony Orchestra mit Simon Rattle: Eins ließ mich kalt, eins packte mich sehr, trotzdem überlegte ich, schon vor dem Ende zu gehen. Im Saisoneröffnungskonzert des Deutschen Symphonie-Orchesters mit Robin Ticciati gefiel mir das sogenannte Vorprogramm fast noch besser als Mahler. Und dann war da noch die große Aufführung von Hector Berlioz‘ Oper „Les Troyens“, ohne John Eliot Gardiner, aus Gründen, von denen Sie gehört haben werden.

Außerdem können Sie kostenlos den wöchentlichen Newsletter des VAN Magazin bestellen (und falls Sie mögen, auch ein einmonatiges Gratis-Abo).

Zum Anfang des Blogs

Solide katastrophal: Nagano dirigiert Mahler beim DSO

Ein wenig haben die wohl nicht restlos glücklichen Jahre als Generalmusikdirektor der Staatsopern in München und Hamburg den Ruf von Kent Nagano lädiert. Aber seine regelmäßig wiederkehrenden Gastdirigate in Berlin, wo er von 2000 bis 2006 das Deutsche Symphonie-Orchester (DSO) leitete, empfinde ich ebenso regelmäßig als befriedigend und erfreulich. Nun hat Nagano an zwei Abenden in der Philharmonie beim DSO Gustav Mahlers 6. Sinfonie a-Moll: solide gelungene Saisonbeendigungskatastrophe.

Weiterlesen

Blaumüllernd: Musiktheater nach Schubert in der Staatsoper Unter den Linden

Alles Müllerin oder was? Franz Schuberts Zyklus Die schöne M. ist ja in seiner Monomanie auch die Untergangsgeschichte eines Psychoten oder zumindest wahnwitzigen Solipsisten, ihrer partiellen Vervolksliedung zum Trotz. Die Tiroler Musicbanda Franui folklorisiert seit dreißig Jahren das Kunstvolle und verkunstet das Folkloristische. Also könnten sie genau die Richtigen für Schubert sein. Seit einem Franui-Stück vor einigen Jahren in den Sophiensälen habe ich übrigens das Thema von Schumanns Geistervariationen als ewigen Ohrwurm, zugegeben auch etwas gespenstisch, ja psychopathisch … Den psychotischen Zustand des Müllergesellen lässt die Franui-Verbühnung von Schuberts Liederzyklus an der Staatsoper Unter den Linden auch durchaus gelten. Allerdings hebt der Bariton Florian Boesch als gemeinsame Kernthese hervor, dass der durchdrehende Ichling der Schönen Müllerin sich am Ende keineswegs im lieben Bächlein ertränke (was ja irgendwie auch eine eigenartige Vorstellung ist), sondern liebeskummergeheilt und wiedervernunftet aus der ganzen Chose hervorgehe (was wiederum ein bissl ernüchternd positiv ist).

Weiterlesen

Zephyrisch: Michael Spyres und Il pomo d’oro

Nein, am betrüblichen Deckenteilsturz im Foyer ist nicht der Sänger schuld, jener Baritenor, der die scheinbar natürlichen Obergrenzen seines Stimmfachs sprengt. Auf dem Weg zu Michael Spyres im Kammermusiksaal passiert der Konzertgänger eine weiträumige Absperrung neben der Treppe, an die noch Putzstücke angelehnt sind. Ein Glücksfall, dass das nicht in Andrangzeiten herunterfiel, in Zeiten des ohnehin grassierenden Abonnentenschwunds. Aber wie gesagt, der Sänger ist unschuldig. Nach dem Konzert wird er noch erzählen, dass er als junger Mann, der aus Missouri kam, auch als construction worker arbeitete. Doch dass er sich auch noch des Berliner Konzertsaalverfalls annähme, wäre zu viel verlangt. Denn an diesem Abend hat der Hochkunstschwerstarbeiter Spyres (am Vortag sang er noch in Antwerpen, am Vorvortag in London!) genug Außerordentliches geleistet.

Weiterlesen

Löwenherzig bis engelsschwarz: Leonkoro, Chiaroscuro und Kronos Quartet

Manchmal geht mir das Licht auf, dass wir in Berlin wirklich im Streichquartett-Paradies leben. Zum Beispiel, wenn an drei aufeinanderfolgenden Abenden drei vorzügliche, dabei vollkommen unterschiedliche Quartette zu erleben sind: Dem Leonkoro Quartet gehört vermutlich die Zukunft, jedenfalls viel davon. Das Kronos Quartet ist Legende, aber längst noch nicht Geschichte. Und das Chiaroscuro Quartet schafft mit seinem historisch info- und affirmierten Ansatz höchste Präsenz.

Weiterlesen

Spinettriesig: erst Grigory Sokolov, dann Lugansky, Gerzenberg, Grosvenor beim Klavierfestival

Der sanftspinettige Virtuose und seine Jünger

Sanfter Spinettismus statt Virtuosengepranke, das sich in der heurigen Auflage des alljährlichen Grigory-Sokolov-Besuchs in Berlin nur einmal nebenher ereignet, aber nein, auch da ohne Gepranke, nur virtuos oder eben meisterlich: bei einer konzentriert hinbrillierten Rachmaninow-Zugabe, dem Prelude op. 23/2 als einem jener stets sechs Encores des dritten Konzertdrittels, in dem das Sokolov-Ritual erst seine Erfüllung findet. Die anderen sind zweimal Rameau (Les sauvages und Le Tambourin), zweimal Chopin (Prélude 28/15 und Mazurka 63/3) sowie einmal Bach (BWV 855a) im vollfülligen, dennoch faszinierenden Siloti-Ornat.

Weiterlesen

Walpurgisch: Juraj Valčuha und Saleem Ashkar im Konzerthaus mit Ravel und Berlioz

Idée fixe umarmt Komponist

Das vielbeachtete Berliner-Philharmoniker-Debüt von Klaus Mäkelä letzte Woche habe ich bewusst ausgelassen. Denn der Auftritt des dirigentischen Jungwunders im vergangenen Herbst mit dem Concertgebouw-Orchester, dessen designierter Chef Mäkelä ist, hinterließ bei mir zwiespältige Gefühle sowie den Eindruck, dass diesem Hochbegabten etwas weniger steiler Rummel besser täte. Ein fast doppelt so alter, aber noch immer sehr jugendlich wirkender Dirigent, dem ich hingegen eher mehr Aufmerksamkeit wünschte, ist der Slowake Juraj Valčuha. Als erster Gastdirigent des Konzerthausorchesters tritt er regelmäßig am Gendarmenmarkt auf. So auch in den letzten Tagen dieses Aprils.

Rund ums Schloss Bellevue singen schon überall die Nachtigallen, und am Spreeufer Höhe Paul-Löbe-Haus wird wieder argentinischer Tango getanzt, wenngleich noch bei eher feuerländischen Temperaturen. Dazu Ravel und Berlioz im Konzerthaus, das ist alles schon wie gemacht für einen glücklichen Abend.

Weiterlesen

Unabgenudelt: Klavierabende mit Pogorelich, Kanneh-Mason, Pletnev

Konzertgänger beim pianistischen Nudelverzehr

Drei völlig unterschiedliche Klavierabende in den vergangenen drei Monaten: zwei ältere Herren, eine junge Frau. Im Februar spielte Ivo Pogorelich (den gibt es noch?) im Großen Saal der Philharmonie. Gestern Abend Mikhail Pletnev (was, den gibt es auch noch?) ebenda. Und dazwischen im März im Kammermusiksaal Isata Kanneh-Mason (kennen Sie die schon?).

Obwohl ich Pogorelich und Pletnev eben in einem schnöden Atemzug unter „zwei ältere Herren“ (beide sind Mitte 60) subsummierte, lässt sich nichts Gegensätzlicheres vorstellen als ihre beiden Auftritte. Und das, obwohl ihre Programme sich in drei gewichtigen Werken überschnitten, und zwar alle von Frédéric Chopin: Fantaisie f-Moll Opus 49, Barcarolle Fis-Dur Opus 61, Polonaise-Fantaisie As-Dur Opus 61. Spätwerke mithin. Aber hörte man sie bei dem einen, waren sie bei dem anderen nicht wiederzuerkennen, und umgekehrt.

Weiterlesen

Wiederaufnahme Korngolds „Das Wunder der Heliane“ an der Deutschen Oper

Während professionelle Kritiker sich mit der offenbar ziemlich vereisten Strauss-Rarität Daphne an der Staatsoper Unter den Linden auseinandersetzen müssen, kann man sich als ungebundener Empfindungsausdrücker einer anderen Rarität zuwenden: An der Deutschen Oper Berlin wird Erich Wolfgang Korngolds Mysteriumsschocker Das Wunder der Heliane wiederaufgenommen. Der Genuss dieses Werks von 1927 wird zugegebenermaßen durch zwei Handicaps getrübt, aber nicht vergällt. Denn seine üppigen Reize sind dennoch im besten Sinn betäubend.

Weiterlesen

Ordnend: Quatuor Diotima spielt Ligeti & Janáček, Berliner Philharmoniker mit Alan Gilbert

Unordnung greift nach dem modernen Künstler (Symbolbild)

Muss das ein Vergnügen sein: einen ganzen Abend lang nur Leoš Janáček und György Ligeti zu spielen, zwei der tollsten Komponisten, wo überhaupt gibt unter Gottes weitem Ohr. Das französische Quatuor Diotima gönnt sich, und dem Publikum. Und zeigt damit (nach Bertrand Chamayous Klavierabend) noch einmal, dass bei der Halb-Ligeti-halb-ganz-anderes-Biennale der Berliner Philharmoniker die stringentesten Beiträge im kleineren Rahmen stattfinden.

Vor ein paar Tagen im DSO-Konzert, wo es Ligeti + Haydn + Haydn + Ligeti gab, ließen mich die entfesselten Huster an ein Weltraummonster denken, über das der Held in Ian McEwans Zementgarten liest – Captain Hunt soll das Monster zur Strecke bringen! Nun, bei György Ligetis zweitem Streichquartett kam mir in den Sinn, wie ebenjener Captain Hunt in seinem Raumschiff für Sauberkeit sorgt:

Weiterlesen

Vielbödig: DSO und Ticciati spielen Haydn & Ligeti

Ein Konzept! Hach! Programm-Architektur! Nach zwei Biennale-Konzerten der veranstaltenden Berliner Philharmoniker mit viel Schönem, aber wenig Zusammenhang präsentieren Robin Ticciati und „sein“ Deutsches Symphonieorchester die Festival-Hauptfigur György Ligeti in einer ausgeklügelten Dramaturgie. Das ist umso erfreulicher, als Ticciatis programmatische Einfälle zwar oft höchst ambitioniert sind, aber es in der Praxisprobe dann manchmal klappert. Hier jedoch knackt’s: Haydn + Ligeti + Haydn + Ligeti + Ligeti + Haydn. (Nur ein Knall wird dann fehlen.)

Weiterlesen

Biennale 2: Bertrand Chamayou spielt Klavier, Pintscher dirigiert die Philharmoniker

Rein staturmäßig passt auch König Ubu ideal in die 50er Jahre…

Einen Lapsus der Biennale der Berliner Philharmoniker bügelt (48 Stunden vor deren zweitem Konzertprogramm, dazu unten mehr) der französische Pianist Bertrand Chamayou beiläufig aus, zumindest ein bisschen: Seine erste Zugabe ist eine stupende Etüde von Unsuk Chin. Und die ist nicht nur Schülerin von György Ligeti, der im Mittelpunkt der Biennale steht, sondern auch eine jener ominösen Frauen, deren Fehlen als Komponistinnen im zweieinhalbwöchigen Festivalprogramm hier oder auch hier bemängelt wurde. Ansonsten hat der lässige Zuschnitt der Biennale zu den 1950ern und 60ern, sehr weit um Ligeti herum, sein Gutes wie sein Schlechtes. Thematisch geht es bis zu Heimatfilmen und Architekturavantgarde, auch Chansons mit Tim Fischer gibt’s. Das ist schön in der Abwesenheit von Berührungsängsten, aber es dräut auch Ein-Kessel-Beliebiges-Risiko, für ein wirklich kuratiertes Programm fehlen manchmal (außer Frauen) Pointierung und stringente Bezüge. In Chamayous imposantem Soloabend im Kammermusiksaal ist genau das aber da.

Weiterlesen

Berliner Philharmoniker mit Daniel Harding spielen Ligeti und Nasses

Lontano wäre die ideale Eröffnung der zweieinhalbwöchigen Biennale, die die Berliner Philharmoniker der Musik der 1950er und 60er Jahre widmen und deren Schwerpunkt György Ligeti ist – längst ein Klassiker wie Beethoven und Brahms, jawohl. Mit dem langen Ton eines unbekannten Instruments beginnt Ligetis Lontano von 1967, beim Hinsehen entpuppt es sich als Zusammenklang von Flöten und Celli. Und dann umhüllt und umkapselt die Musik den Hörer, trägt ihn in mikropolyphone Milchstraßen, ein Echtraumerlebnis und Echttraumerlebnis, wie es nur im SAAL möglich ist. (Hier eine lesenswerte Lontano-Einführung von Martin Hufner.)

Weiterlesen

Ultraschall Tage 3 bis 5

Trio Accanto und Zafraan Ensemble im Heimathafen, Ensemble Resonanz im silent green

Erfreulich wenig Rede beim diesjährigen Ultraschallfestival für neue Musik von Trends, Tendenzen etc. (es gehe neuerdings wieder zum Politischen/zum Subjektiven/zum Popjektiven usw). Das hat immer so etwas Bemühtes, zumindest im Blick auf die laufende Gegenwart. Stattdessen unterschiedlichste Musik, viel Reizvolles, zwischendurch etwas Ratlosigkeit, und zum Ende zwei mich begeisternde Werke italienischer Komponistinnen.

Weiterlesen