Zephyrisch: Michael Spyres und Il pomo d’oro

Nein, am betrüblichen Deckenteilsturz im Foyer ist nicht der Sänger schuld, jener Baritenor, der die scheinbar natürlichen Obergrenzen seines Stimmfachs sprengt. Auf dem Weg zu Michael Spyres im Kammermusiksaal passiert der Konzertgänger eine weiträumige Absperrung neben der Treppe, an die noch Putzstücke angelehnt sind. Ein Glücksfall, dass das nicht in Andrangzeiten herunterfiel, in Zeiten des ohnehin grassierenden Abonnentenschwunds. Aber wie gesagt, der Sänger ist unschuldig. Nach dem Konzert wird er noch erzählen, dass er als junger Mann, der aus Missouri kam, auch als construction worker arbeitete. Doch dass er sich auch noch des Berliner Konzertsaalverfalls annähme, wäre zu viel verlangt. Denn an diesem Abend hat der Hochkunstschwerstarbeiter Spyres (am Vortag sang er noch in Antwerpen, am Vorvortag in London!) genug Außerordentliches geleistet.

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Schmutzglänzend

Premiere von Glucks „Orfeo ed Euridice“ an der Komischen Oper

Vom ganzen Schmutz zugleich und Glanz meiner Seele schrieb Kleist in einem Brief (woraus doitsche Philologen früher Schmerz machten, weil in doitscher Klassikerseele bekanntlich Schmerz sein darf, aber kein Schmutz). Den ganzen Schmutz und Glanz der orphischen Seele und der orphisch-euridicischen Liebe kehrt die neue Inszenierung von Christoph Willibald Glucks Orfeo ed Euridice an der Komischen Oper hervor, eine würdige Nachfolgerin der legendären k+k-Fassung (Kupfer + Kowalski) an diesem Haus. Aus schwarzen Müllhülltüten werden sich hier unter dem herz- und schmutzerweichenden placatevi con me des sängerischen Zentralgestirns Carlo Vistoli hospitalisierte Glanzseelen herausschälen, zupfen, reißen.

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