Löwenherzig bis engelsschwarz: Leonkoro, Chiaroscuro und Kronos Quartet

Manchmal geht mir das Licht auf, dass wir in Berlin wirklich im Streichquartett-Paradies leben. Zum Beispiel, wenn an drei aufeinanderfolgenden Abenden drei vorzügliche, dabei vollkommen unterschiedliche Quartette zu erleben sind: Dem Leonkoro Quartet gehört vermutlich die Zukunft, jedenfalls viel davon. Das Kronos Quartet ist Legende, aber längst noch nicht Geschichte. Und das Chiaroscuro Quartet schafft mit seinem historisch info- und affirmierten Ansatz höchste Präsenz.

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Eckrundend: John Eliot Gardiner dirigiert Beethovens „Missa solemnis“

Kaum fängt das Musikfest Berlin so richtig an, ist für mich auch schon Schluss, denn ich ziehe aus Gründen für einige Monate nach Bonn. Da ist Beethoven natürlich die passende Abschiedsmusik. Denn den Trennungsschmerz pflegt die Geburtsstadt, in die der Boss bekanntlich niemals zurückkehrte, so fleißig, dass dort sogar ein Volkslauf sich „Beethoven-Lauf des Deutsche Post Marathon Bonn“ nennt. (Da ist wirklich alles drin: van B. + BRD noir + zeitgemäße Keine Bindestrich Benutzung.) Und zweiter Grund natürlich, dass John Eliot Gardiner dirigiert,  traditionell ja eine sichere Bank bzw Post beim philharmonischen Saisonstartfestival.

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Pausenbericht

Worüber ich nicht geschrieben habe

Die Abonnenten merken es, im Moment schreibe ich nicht so häufig in diesem Blog wie gewohnt. Aus persönlichen und aus Energieeffizienz-Gründen. Dabei wäre einiges Gehörte und Erlebte der Nachrede wert gewesen! Ein Klavier- und ein Xenakis-Festival etwa, verschiedene Sinfoniekonzerte, oder auch ein Klavierabend von Grigory Sokolov.

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Entnachtend

Klavierfreuden in Mendelssohn-Remise und Pianosalon Christophori, John Eliot Gardiner bei den Philharmonikern

Die kleinen Musikorte erholen sich – wie die freien Musiker – mühsamer von der langen Nacht der (wohl noch nicht beendeten) Pandemie, als es große Institutionen und begehrte Stars tun. Eine kleine Klavierrunde führte mich in der vergangenen Woche nordwärts in den Wedding, wo im Pianosalon Christophori an zwei Abenden die jungen Musiker Andrei Gologan und Florian Heinisch spielten, und tags zuvor in die feine Mendelssohn-Remise, unweit vom Gendarmenmarkt. Dort eröffnete gleichzeitig die große Elisabeth Leonskaja eine Schostakowitsch-Hommage, den lang geplanten und nun von kriegerischen Zeitläuften an den Rand des Heiklen geführten Programmschwerpunkt des Konzerthauses. Auf der breiten Freitreppe stimmt dort eine Menschenmenge gutgemeint, aber schwer erträglich ein von beschwingtem Moderator animiertes Lied für den Frieden an.

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BEETHOVN jetzt auch als Taschenbuch

Mein Roman BEETHOVN (eines der schönsten Beethovenbücher, die es überhaupt gibt, meint die Frankfurter Allgemeine) ist seit heute auch in der Taschenbuchausgabe für 12 Euro erhältlich. Und als E-Book für 10 Euro minus 1 Cent. Mehr zum Roman und Bestellmöglichkeit hier. Und natürlich in jeder Buchhandlung!

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Ein Kapitel aus „Beethovn“

Beethoven war nicht da. So lautet der eröffnende Satz meines Romans Beethovn, dessen erstes Kapitel Sie hier lesen können. Das will ich Sie aber nicht tun lassen, ohne darauf hinzuweisen, dass es sich bei Beethovn um „eins der schönsten Beethoven-Bücher, die es überhaupt gibt“ (Jan Brachmann in der FAZ) handelt. Und dass Sie den Roman in jeder Buchhandlung kaufen können, am besten natürlich in Ihrem Lieblings-Buchladen, aber ebenso bei Online-Händlern wie buecher.de, Osiander, Thalia oder Amazon.

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Wildreich: Gyldfeldt Quartett debütiert mit Nielsen

Zu den vergleichsweise goldenen Bedingungen, die unser Land großen Kunsttalenten bietet, gehört das über 60 Jahre alte Konzertformat Debüt im Deutschlandfunk Kultur, das anfangs RIAS stellt vor hieß und bei der sich einst die jungen Jacqueline du Pré und Daniel Barenboim oder Jessye Norman vorstellten. Um so wertvoller in diesen bleiernen Viruszeiten! Die außergewöhnliche Lage wirft ihre Schatten wild herum: Das ursprünglich vorgesehene Simply Quartet konnte nicht aus dem Risikogebiet Wien ins Risikogebiet Berlin reisen, und so bietet das junge Leipziger Gyldfeldt Quartett hochwertigen Ersatz. Auf dem Programm stehen zwei ziemlich bekannte sowie ein fast völlig unbekanntes Werk.

Verdichtung (1)
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Drei-Generationen-Konzert-hoppend: Vom Konzerthaus über die Komische Oper in die Philharmonie

Ich hatte mir vorgenommen, mir als Konzertgänger und den Meinen keine eskalierenden Terminballungen mehr aufzuhalsen: Aber am vergangenen Wochenende war ich doch wieder in drei Konzerten innerhalb von 21 Stunden. Einmal mit dem alten Vater, einmal mit dem kleinsten Söhnchen, einmal mit der Frau. Samstagabend Konzerthaus, Sonntagfrüh Komische Oper, Sonntagnachmittag Philharmonie.

Konzertgängers Wochenende: von einem Konzert zum nächsten
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Entmaskend: Hinrich Alpers spielt Klavier. In echt.

Maske: nicht korrekt

Vorsichtiges Wiedererwachen, noch unsicher mit den Augen blinzelnd. Das Publikum sitzt mit coronabedingtem Abstand und trägt Maske im Weddinger Pianosalon Christophori, der sich jetzt behutsam wieder ins Konzertleben wagt. Und auch das Programm des Pianisten Hinrich Alpers, der endlich wieder vor leibhaftigen Menschen auftreten kann, hält Abstand zueinander, von Beethoven bis Skrjabin. Und Maskenträger sind auch dabei, Ravel ohnehin masqué, aber irgendwie auch Schumann und Liszt.

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Ein Erzbrief an Beethoven

Hip hip hooray, ab morgen haben in ganz Deutschland (wenn schon nicht die Konzertsäle und Opernhäuser) die BUCHLÄDEN wieder geöffnet! Indessen habe ich im Shutdown einen Brief an Ludwig van Beethoven verfasst – für eine Reihe des Deutschlandfunk-Musikjournals. „Lieber Ludwig, Scheiß Er sie voll!“, wurde mein Brief dort übertitelt. Aber ehrlich gesagt, das würde ich niemals schreiben.

Denn wer dürfte sich das erlauben – lieber Ludwig?!? Dies also ist mein Brief an Beethoven:

Sehr geehrter, nein: höchstverehrter …

… und damit fangen die Probleme ja schon an! Denn eigentlich würde ich gern schreiben: lieber Herr van Beethoven, herzallerliebster Herr van Beethoven. Aber das geht natürlich nicht, das sieht wohl jeder ein.

Und da wären wir schon beim nächsten Problem: Sieze ich Sie oder duze ich Dich? Siezen ist zu distanziert, wenn man wen liebt; Duzen zu kumpelhaft, wenn einer derart fern ist. Ich glaube, ich werde es darum wie Ignaz Schuppanzigh machen, dieser adipöse Geiger, der Ihre-Deine späten Streichquartette uraufführte. Der erzte nämlich alle Menschen, furchtbar altmodisch schon damals. „Scheiß Er sie voll!“, war Schuppanzighs schöner Rat zum Umgang mit einem verständnislosen Publikum.

Nach diesem Beispiel will also auch ich Ihn erzen, herzverehrtester Beethoven!

[…]

Den Brief weiterlesen (oder anhören) beim Deutschlandfunk

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Hörstörung (26): Abstand total

Gut, so viel Abstand wie jetzt hätte der kurzmütige Konzertgänger sich niemals gewünscht, bei allem Ärger über rücksichtslose Mitbesucher. Aber durch diese größtmögliche Hörstörung müssen wir als verantwortungsvolle Bürger nun durch. Für viele Menschen gehts ja um Leben und Tod. Konzertpause heißt weitgehend Blogpause. Die Konzertgängerkinder wollen ja auch beschult und bespaßt sein und ein wenig Arbeit daheim getan. Und Live-Streamings sind für viele eine feine, tröstende Sache, das ist wunderbar; aber für notorische Echtraum-Erleber wie mich uninteressant.

Hübsch allerdings diese Neufassung von Beethovens Für Elise nach der zeitgemäßen Regel „Mindestens eine Terz Abstand halten!“, erstellt von Arno Lücker:

Und natürlich sei noch darauf hingewiesen, dass viele Buchhandlungen weiterhin geöffnet sind und einige jetzt auch Bücher nach Hause liefern – als Alternative zu den Onlineshops. Rufen Sie also ruhig mal im Buchladen Ihres Vertrauens an und fragen nach! Mein Roman Beethovn („das wohl originellste Buch zum Beethoven-Jahr“, schrieb gerade die Leipziger Volkszeitung) ist mittlerweile in der zweiten Auflage erschienen und überall lieferbar.

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Jonglieren mit rohen Eiern: Pressestimmen zum Roman „Beethovn“

Vor zwei Wochen ist mein Roman „Beethovn“ erschienen und geht jetzt in die zweite Auflage. Zum Erscheinen ist eine Reihe von Kritiken erschienen. Einen ganz neuen, unverbrauchten Zugang zu Beethoven fand die Kritikerin Denise Dreyer auf SR2: so charmant wie abwechslungsreich, mal anrührend, mal witzig, zart und mit Empathie. Susanne Pütz hat sich im Hessischen Rundfunk Gedanken über das fehlende E im Titel gemacht. Für SWR2 hat Eva Hofem den Roman gelesen und war angetan. Matthias Nöther befand im WDR: der literarisch reizvolle Versuch, Beethoven über einen kunstvollen Umweg zu erschließen. Auf rbb Kultur habe ich mit Frank Meyer darüber gesprochen, was eigentlich Pippi Langstrumpf mit der neunten Sinfonie zu tun hat.

Und Sylvia Schreiber stellte auf BR Klassik schließlich die entscheidende Frage, ob es eigentlich im Beethovenjahr noch eine penibel notierte Lebensgeschichte mit hunderttausend Fußnoten brauche – und gab folgende Antwort:

Nein, es braucht genau so eine vielschichtige, vor Anspielungen strotzende, sinnliche Geschichte, die einen als Leser zum Schmunzeln und Grübeln bringt, weil ein fundierter Beethoven-Kenner und Liebhaber wie Selge mit Versatzstücken, Zitaten, Sonatentiteln jongliert, als wären es rohe Eier.

„Beethovn“ ist bei Rowohlt erschienen und in jeder Buchhandlung erhältlich. Wenn es nicht im Laden liegt, bestellen Ihr geschätzter Buchhändler und Ihre löbliche Buchhändlerin ohne Mehrkosten zum nächsten Tag. Hier finden Sie ein Geschäft in Ihrer Nähe.

Aber natürlich ist „Beethovn“ auch online erhältlich: etwa bei jpc, wo der Roman zum „Buch des Monats“ gekürt wurde, oder bei Amazon, Hugendubel, Thalia, Osiander & Co.

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Beethoven in Abu Dhabi

„Alle Menschen werden Brüder“ – auch diese schwimmenden Arbeiter im Louvre? Nicht in Paris steht der, sondern in Abu Dhabi, und dort erklang in der vergangenen Woche (angeblich zum ersten Mal auf der Arabischen Halbinsel) Ludwig van Beethovens 9. Sinfonie. Ich war für die Frankfurter Allgemeine Zeitung bei diesem seltsamen, skurrilen, goldenen, berührenden Ereignis zu Gast – hier mein Bericht.

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Phremde Phedern: Jüri Reinveres Beethoven-Oper „Minona“ in Regensburg

In besonderen Fällen schreibt hier auch einmal eine Phremde Pheder – dann aber nur die ethelste: Julia Kaiser über die Uraufführung von Jüri Reinveres Oper MINONA – EIN LEBEN IM SCHATTEN BEETHOVENS in Regensburg

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Monumental-intim: Berliner Philharmoniker und Kirill Petrenko spielen Josef Suks Asrael-Symphonie

Propheten dürfen vor – Kritiker auch?
(Außerdem oben 4. v.l. Todesengel Asrael)

Prima Raritätenquote nach wie vor von Kirill Petrenko bei den Berliner Philharmonikern! Doch erstmal muss man durch gespannte Atmosphären: Im Kassenbereich drängelt sich ein bekannter Kritiker an der Reservierte Karten-Schlange vorbei, mit demütigender Ignoranz für den hilflosen Philharmonie-Mitarbeiter, der ihn mehrfach freundlich bittet, sich (wie andere Besucher und Kritikerkollegen) anzustellen. Im Block B hört man dann einen gutbürgerlichen Normalbesucher ohne Scham über „nur noch Araber und Türken“ abrotzen. Aber Beethoven hören, ist klar!

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