Ordnend: Quatuor Diotima spielt Ligeti & Janáček, Berliner Philharmoniker mit Alan Gilbert

Unordnung greift nach dem modernen Künstler (Symbolbild)

Muss das ein Vergnügen sein: einen ganzen Abend lang nur Leoš Janáček und György Ligeti zu spielen, zwei der tollsten Komponisten, wo überhaupt gibt unter Gottes weitem Ohr. Das französische Quatuor Diotima gönnt sich, und dem Publikum. Und zeigt damit (nach Bertrand Chamayous Klavierabend) noch einmal, dass bei der Halb-Ligeti-halb-ganz-anderes-Biennale der Berliner Philharmoniker die stringentesten Beiträge im kleineren Rahmen stattfinden.

Vor ein paar Tagen im DSO-Konzert, wo es Ligeti + Haydn + Haydn + Ligeti gab, ließen mich die entfesselten Huster an ein Weltraummonster denken, über das der Held in Ian McEwans Zementgarten liest – Captain Hunt soll das Monster zur Strecke bringen! Nun, bei György Ligetis zweitem Streichquartett kam mir in den Sinn, wie ebenjener Captain Hunt in seinem Raumschiff für Sauberkeit sorgt:

Weiterlesen

10.11.2016 – Schwermutfarbig: Emerson Quartett spielt Barber, Turnage, Tschaikowsky

Samuel Barbers Adagio wurde nicht nur bei diversen Beerdigungen von Präsidenten, Filmstars, Hochadligen und Nobelpreisträgern gespielt, sondern auch und erst recht nach dem 11. September 2001. Nach dem erneuten 11. September, den Amerika sich soeben selbst zugefügt hat, hört man es natürlich mit anderen Ohren. Bedrückter denn je.

samuel_barber

Samuel Barber, Foto: Carl Van Vechten, 1944

Barbers originale Streichquartettfassung ist entschieden bekömmlicher als die berühmt-berüchtigte aufgeblasene Fassung for strings, für die Toscanini sich im Jenseits verantworten muss. Das New Yorker Emerson String Quartet trägt das traurige Stück im Kammermusiksaal in lehrbuchmäßiger Intonation und Intensität vor und in so perfektem Zusammenspiel, dass man sich höchstens fragen könnte, ob das Abreißen vor der Generalpause noch intensiver wirken würde, wenn es nicht ganz so perfekt gelänge. Aber man kann niemanden zum Schludern zwingen. Außerdem wäre es schön, das Stück einmal in seinem Zusammenhang zu hören, als Mittelsatz des Streichquartetts opus 11 (1935/36).

Hier steht es allerdings im Zusammenhang eines gut durchdachten Novemberprogramms mit Turnage und Tschaikowsky in der Farbe der Schwermut  (C.F.D. Schubart 1784, Programmhefttext Ingeborg Allihn). Also mit viel Lamento und Trauermarsch. Die vier Herren des Emerson String Quartets tragen, fast etwas kurios, schwarze Krawatten wie bei einem Begräbnis. Weiterlesen