Hörstörung (12): Schwanengesang in der „Johannespassion“

Heikles Thema Straßenmusik vor Konzerthäusern! Niemals würde der Konzertgänger Hulewicz_Leda_and_the_swanirgendeinem Musiker, der mit Cäciliens Kunst sein Brot verdient, am Zeug flicken. Dennoch fährt er, bei allem Wohlwollen, von den philharmonischen Fahrradständern aus immer den längeren Weg im Uhrzeigersinn ums Haus herum zum Tiergarten: um nämlich dem gewiss tüchtigen und liebenswürdigen Balalaika-Spieler zu entgehen, der nach jedem Konzert, und wäre darin Mahlers Neunte gespielt worden, auf dem philharmonischen Parkplatz das immergleiche Bachstück zu Gehör bringt. (Welches ist es eigentlich?)

Manchmal wird das Wohlwollen des Konzertgängers jedoch auf eine besonders harte Probe gestellt. Etwa, wenn er nach einer Aufführung von Bachs Johannespassion vor dem Kammermusiksaal nicht von nachmittäglicher Karfreitagsstille empfangen wird, sondern von einem gewiss tüchtigen und liebenswürdigen Hornisten, der den Schwan aus dem Karneval der Tiere spielt.

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Karfreitäglich: Johannespassion mit Berliner Figuralchor

Immer wieder imposant, was gute Laienchöre so stemmen. Ein besonders interessanter ist der von Gerhard Oppelt geleitete Berliner Figuralchor, der neben anderen Projekten alljährlich am Karfreitag eine Bach-Passion im Kammermusiksaal aufführt – in diesem Jahr wieder die Johannespassion.

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16.2.2017 – Sterbensfröhlich: Bach-Kantaten mit Freiburger Barockorchester und Matthias Goerne

058_presentation_fraangelica1Bei einer guten Bach-Aufführung spürt man oft, wie viel Lebenszeit man sonst sinnlos verplempert. Und dann gibt es Bach-Aufführungen, die so gut sind, dass sie all die verplemperte Zeit wieder ausgleichen. Dazu gehört das Bachprogramm, mit dem das Freiburger Barockorchester im Kammermusiksaal auftritt.

Wegen oder trotz Matthias Goerne? Dieser Wotan, Wozzeck, Winterreisende fällt einem nicht als erster ein, wenn man sich einen Bachsänger vorstellt. Nun stellen ja die Kantaten Ich will den Kreuzstab gerne tragen und Ich habe genug dem heutigen Hörer, selbst dem gläubigen, Unerhörtes vor: nicht nur Trost angesichts des unausweichlichen Todes zu verspüren, sondern Freude.

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6.1.2017 – Etwas angeheitert: András Schiff spielt Bach, Bartók, Janáček, Schumann

alice-barber-stephensGipfel des kultivierten Klavierspiels im ausverkauften Kammermusiksaal: lehrreich, aber nicht belehrend. Mit erhobenem Zeigefinger ist ja schlecht Klavierspielen; aber mit waagerecht ausgestrecktem Zeigefinger hat man diesen Pianisten schon spielen sehen, vor zwei Jahren war’s, bei Haydn.

Eine pädagogische Note kommt zudem ins Spiel, weil András Schiff Werke auf dem Programm hat, von denen einige aus dem Klavierunterricht nicht ungeläufig sind.

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5.12.2016 – Engelsweltlich: Bach, Bach und Bach mit John Eliot Gardiner, Monteverdi Choir, English Baroque Soloists

Es gibt Konzerte, bei denen sind die Erwartungen so hoch, dass sie eigentlich kaum erfüllt werden können; und dann werden sie doch übertroffen, und man hat es vorher gewusst. John Eliot Gardiners Bach-Konzert in der Philharmonie ist so ein Fall.

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12.11.2016 – Zweithanderstklassig: Vogler Quartett und Silver-Garburg Piano Duo

101Zu seiner Angst vor der Kunst der Fuge steht der Konzertgänger spätestens, seit er weiß, dass selbst der hochgelahrte Hans Heinrich Eggebrechts sich als Zuhörer einer Gesamtaufführung dieses Werkes überfordert fühlte (Bachs Kunst der Fuge, Seite 126). Und seit er 2014 ebendies, eine Gesamtaufführung, durch den Pianisten Jewgeni Korolojow im Kammermusiksaal mit größter Bewunderung und um so geringerem Verständnis gehört hat.

Insofern kommt es ihm entgegen, dass das Vogler Quartett sein Programm im Konzerthaus mit einer überschaubaren Auswahl aus J. S. Bachs Kunst der Fuge eröffnet. Weiterlesen

18.10.2016 – Subsalonhaft: Yu Jung Yoon im Pianosalon Christophori

Ein Ausflug in den Weddinger Pianosalon Christophori ist immer zu empfehlen. Selbst wenn ein Musiker mal nicht so dolle sein sollte (was der Konzertgänger aber noch nicht erlebt hat), würde er schon um der Atmosphäre und der Instrumente willen lohnen.

Letztere bilden eine willkommene Abwechslung vom ewig brillanten Steinway-Einerlei. Erstere ist auch nach dem Umzug des Salons um wenige Meter (in der ehemaligen Halle logiert jetzt die Adidas Football Base) erhalten geblieben. Man kann sein Bier oder seinen Merlot mit an den Platz nehmen. Hochkultur in Subkulturflair, aber ohne nervige Elektrobeatz. Es ist jetzt etwas aufgeräumter als früher, aber immer noch hinreichend mysteriös. Denn in welchem Berliner Konzertsaal entdeckte man Weiterlesen

3.5.2016 – Allerheiligst: Jan Dismas Zelenka & Co mit dem Prager Collegium 1704

Schon bei Heinichen schießt der Glückspegel im Kammermusiksaal durch die Decke. Heinichen? Who the f*** is Heinichen? Na, Johann David Heinichen (1683-1729), Dresdner Hofkomponist und einflussreicher Generalbass-Theoretiker. In seinem feurigen Concerto G-Dur (Seibel 214) spielen sich erste Geige und Oboe die Bälle zu, dass es die reine Freude ist.

Zumal das Collegium 1704 genauso spielt: feurig und freudig, überall lächelt und lacht es im Orchester. Das Prager Originalklang-Ensemble, auf Einladung der Stiftung Berliner Philharmoniker zu hören, strahlt kompetente Begeisterung und begeisterte Kompetenz aus. Note to self des Konzertgängers: Wie schön ist der (aus naheliegenden Gründen) seltene Anblick einer Geigerin mit lackierten Fingernägeln.

Der Dirigierstil von Václav Luks, zugleich Gründer des Ensembles, ist gewöhnungsbedürftig: zackig, schnaufend, tanzend, mit Neigung zum Stampfen, dessen Wucht der Hörer sich auch durch Augenschließen nicht entziehen kann. Später sieht man ihn sogar bei Solo-Arien mitsingen. Er prägt den Klang des Ensembles hörbar, die Einsätze heftig akzentuiert, manchmal knallend, die Schlüsse fast abgerissen. Der Hochdruckklang mit seiner unbedingten Betonung des Dynamischen erinnert an Teodor Currentzis und dessen MusicAeterna, auch wenn Luks das dämonische Charisma des Permer Griechen abgeht; was kein Nachteil sein muss. Vielleicht fehlen gelegentlich Schattierungen und Nuancen, aber mitreißender geht’s nicht.

Auch in Johann Sebastian Bachs Messe g-Moll BWV 235 brennen die Darmsaiten. Diese zusammenparodierte Musik klingt so unbesinnlich, dass es jeden Vergeistigungsmuffel entzücken muss: stürmisch das Gloria (irritierenderweise in g-Moll), furios die Schlussfuge im Cum Sancto Spiritu. Die Solisten, hervorragend aus dem sehr ausgewogenen Chor Collegium vocale 1704 besetzt, singen in so inbrünstiger, lodernder physischer Verzückung von Jesus Christus, dass man sich fragt, ob diese Messe jugendfrei ist.

Unbestrittener Höhepunkt des Abends ist dann die grandiose einstündige Missa Omnium Sanctorum a-Moll ZWV 21 (1741) von Jan Dismas Zelenka, dessen merkwürdigem, fantastischem Schaffen sich das Collegium in besonderer Weise widmet. In der ersten Reihe des A-Blocks sitzt ein sympathisches männliches Paar in Zelenka-T-Shirts, sponsors of the Collegium, wie sich im Gespräch nach dem Konzert herausstellt. Das ist mal gut angelegtes Geld und verdient wohlwollende Blicke von höchster Stelle:

Zelenkas letzte Allerheiligen-Messe, vier Jahre vor seinem Tod komponiert, ist mit ihren permanenten Tremoli und Wirbeln von derart erschütternder Intensität, dass sie einen lange verfolgt. Zu Beginn des Kyrie schießen die Streicher in die Tiefe, wie hier in einer Utrechter Aufführung eindrucksvoll zu hören:

Das zweite Kyrie Eleison beginnt mit weiten Intervallen der Sopran-Abteilung, die sich Halbton für Halbton zusammenschieben. Das himmelschreiende Credo ist halb (Chor-)Fuge, halb italianisierendes Concerto, in dem vom bordunischen Theorbe-Brummen bis zum ätherischen Cello-Diskant alle Facetten und Timbres des Glaubens beleuchtet werden. Einen dissonanten Ohrwurm wie das Crucifixus hat man kaum je gehört. Wie aus unendlicher Ferne sich nähernd klingt das kurze Benedictus, in dem weibliche Stimmen mit langen Tönen über bewegten Streichern schweben. Das Agnus Dei, vom Bass inbrünstig gesungen, ist mit seinem bizarren Schreittanz im 3/4-Takt der größtdenkbare Kontrast zum Agnus Dei des Countertenors in Bachs h-Moll-Messe, sieben Jahre und 100 km Luftlinie entfernt entstanden.

Hopfen und Malz verloren bei dem, der sich da nicht bekehrt; wenn nicht zum HErrn, so doch zu Jan Dismas Zelenka und dessen irdischem Stellvertreter anno 2016, dem Collegium 1704.

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29.4.2016 – Das Konzerthaus sucht den Superenkel: Violinkonzerte von Bach, Beethoven, Brahms

What’s next? Sperm playing Rachmaninoff? fragte einmal angesichts des neuesten Wunderkindvideos ein Kommentator bei Youtube. Das Alter der Solisten im Konzerthaus beträgt immerhin zwölf, fünfzehn und zwanzig – und zwar Jahre, nicht Schwangerschaftswochen. Sie spielen im Rahmen der Hommage an Yehudi Menuhin das Programm, das selbiger im Alter von zwölf Jahren 1929 in Berlin gab, in einem legendären Konzert mit Bruno Walter am Pult. (Die älteren Besucher werden sich erinnern.) Heute dirigiert der Brite James Judd, ein veritabler Rudi Gutendorf der klassischen Musik, Weltenbummler zwischen Israel, Neuseeland, Utah und der Slowakei. Und macht seine Sache prima; aber das Augenmerk liegt natürlich auf den jungen Geigern.

Die grundsätzliche Frage, ob man Musiker in diesem Alter unbedingt der großen Bühne aussetzen muss, ist natürlich kein Einwand gegen die Solisten und erst recht kein Zweifel an ihren offenhörlichen Hochbegabungen. Das etwas beklemmende Bild des pummeligen Yehudi mit Herrn Walter relativiert diese Frage auch; wenn’s ein Irrwitz ist, so doch nicht aus Zeitgeist.

Der Saal ist voll, das Publikum begeistert, es bejubelt jeden der drei wie den Superenkel, von dem man nie zu träumen wagte. Die Junggenies machen ihrerseits schon mal Bekanntschaft mit dem Abokonzert-Fegefeuer, das da heißt Hustenexzesse bei Bach, Türenbumpern im Beethoven-Larghetto und Handyklingeln im Brahms-Adagio. Sie zucken nicht mit der Wimper deshalb.

Die 12jährige Yesong Sophie Lee aus den USA, Gewinnerin des Menuhin-Wettbewerbs 2016 in der Kategorie Junior (der Senior ist 17), spielt auf einer Guarnieri-Geige das Violinkonzert E-Dur BWV 1042 von Johann Sebastian Bach, technisch exzellent und mit hellem, glanzvollem Ton. Bei aller Frische alte Schule mit viel Vibrato. Sie ist aber zum Glück nicht das dressierte Püppchen, das man vorher doch befürchtet hat: Aktiv sucht sie Blickkontakt zum Orchester, wendet sich um, lächelt, reagiert, freut sich merklich an der Musik.

In Beethovens Violinkonzert D-Dur überrascht zunächst das Konzerthausorchester unter James Judd positiv: Viel konturierter, prägnanter, aktiver klingt es als vor drei Wochen unter Thomas Sanderling mit dem (brillanten) Josef Špaček. Der in Schweden geborene Daniel Lozakovitj (15, Hobby in Geigenpausen: Schach) ist bereits mit Valery Gergiev im Mariinsky aufgetreten und absolviert den Solopart mit Bravour, mag er auch im Kopfsatz hier und da noch an natürliche (oder eher übernatürliche) Grenzen stoßen. Im Rondo zieht er das Orchester frech hinter sich her. Phrasierung, Agogik und Dynamik sind vorbildlich; eine gewisse letzte Dringlichkeit (die ja auch immer eine Projektion des Hörers ist) mag sich noch einstellen. Man will natürlich nicht so weit gehen, ihm Schicksalsschläge zu wünschen; ein paar Slayer-Downloads wären auch was. Fast erschreckend ist es, dass Lozakovitj bereits die Erwachsenenmarotte übernommen hat, die Blumen an die nächstsitzende Orchesterstreicherin weiterzureichen. Und eine Bachzugabe zu spielen.

Der dänisch-amerikanische Geiger Stephen Waarts, als einziger Solist noch im 20. Jahrhundert geboren, zeigt in Johannes Brahms‘ Violinkonzert D-Dur eine sympathische, stellenweise faszinierende Nonchalance gegenüber oberflächlicher Tonschönheit. Ein Geiger der leisen Töne, dem das Spröde, Fahle zu liegen scheint; seine dramatische Bewegung kommt ganz von innen, ohne äußerliche Effekthascherei; im Adagio gelingt ihm ein zarter, völlig unklebrig singender Ton, unbeirrt davon, dass das Orchester hier bisweilen etwas aus dem Gleichgewicht gerät. Sehr einnehmend wirkt, dass er einen riesigen, recht grindigen Wischlappen auf dem Dirigentenpult ablegt; und als Zugabe nicht Bach spielt, sondern Eugène Ysaÿe.

Der zwölfjährige Menuhin soll bei einem weiteren Wunderkindkonzert 1929 noch das Mendelssohn-Violinkonzert als Zugabe gespielt haben. Darauf muss das Publikum im Konzerthaus verzichten, dennoch ein gewinnbringendes und v.a. viel versprechendes Konzert.

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25.3.2016 – Immer wieder freitags: Matthäuspassion mit Figuralchor und Berlin Baroque

Matthäuspassion oder Parsifal, lautet die klassische Frage für den musikliebenden Menschen am Karfreitag. Der Konzertgänger gehört zu denen, die letzteres obszön finden und als Alternative höchstens die Johannespassion oder andere geistliche Musik erwägen würden. Es ist dies übrigens eine Dichotomie, deren tiefe kulturelle Verankerung sich auf dem Weg in den Kammermusiksaal zeigt: Was hören Sie denn in der Philharmonie?, fragt der migrationshintergründige Taxifahrer, der um ein Haar Fußballprofi geworden wäre, Bach? War das nicht dieser Nazi, der was gegen Juden hatte?

Der von Gerhard Oppelt gegründete und geleitete Charlottenburger Berliner Figuralchor ist ein Laienchor von erstaunlicher Qualität, für die das Wort ambitioniert viel zu schwach wäre. Man singt historisch informiert, ungleichstufig gestimmt, dynamisch und ausdrucksstark ohne Affekthascherei. Der Kinderchor Cantores minores ist heute auch dabei, bis hoch auf die Treppen und in die Seitenblöcke, was optisch und klanglich eine überwältigende Wirkung hat: als sänge die ganze Welt Kommt, ihr Töchter, helft mir klagen.

In den beiden schlank besetzten Orchestergruppen des Ad-hoc-Ensembles Berlin Baroque, das auf alten Instrumenten spielt, sieht und hört man einige Musiker, die einem von der Akademie für Alte Musik bekannt vorkommen. Sie geben das energische Tempo bei hoher Durchhörbarkeit vor, das der Standard historischer Aufführungspraxis ist (und an die sich das moderne Ohr gewöhnt hat, so dass es die großen Bach-Aufnahmen etwa Karl Richters als Geißelung empfindet). Das hohe Niveau der Instrumentalisten zeigt sich erst recht in den solistischen Arienbegleitungen der ersten Geige (Elfa Rún Kristinsdóttir), Traversflöte (Andrea Klitzing) oder Viola da gamba (Sarah Souza-Simon) mit ihrem leisen, noblen Klang. Den Sohn des Konzertgängers fasziniert die rockige Theorbe in der Continuogruppe am meisten. Unter den fast durchgehend überzeugenden Sängern ragen der kurzfristig eingesprungene Tenor Johannes Weiss als sehr gesanglicher Evangelist, der auswendig singende Bariton Jörg Gottschick und die Sopranistin Stephanie Petitlaurent  heraus.

Nicht nur im Chor, sondern auch im Publikum im ausverkauften Saal sind eine Menge Kinder zu sehen, was an sich schon erfreulich ist, aber noch erfreulicher, da die Zuhörer ruhiger und konzentrierter sind als in manchem Konzert, wo die reiferen Semester unter sich sind. All diese Kinder haben jetzt die Matthäuspassion gehört… und werden sie wieder hören! Da ist einem ums Abendland nicht bang. (Man fragt sich, wie viele der Abendlandretter, die derzeit auf Straßen, Internetforen und Wahlzetteln toben, wohl am Karfreitag eine Passionsmusik gehört haben oder zu Ostern einen Fuß in eine Kirche setzen werden.) Auch der Sohn des Konzertgängers fands gut, am besten die Erzählungen des Evangelisten und die Bass-Arie mit dem bequemen und dem Kelch und dem Kreuz. Und den Chor sowieso, in dem alle was Verschiedenes singen, und trotzdem klingts zusammen. Außerdem sei die Matthäuspassion doch überhaupt nicht so lang, wie die Eltern gewarnt hätten.

Eine gelungene Aufführung, nach der man eigentlich nicht klatschen, sondern einfach still sein möchte. Aber das machen ja schon die beim anderen, bei der obszönen Gegenveranstaltung in der Oper. Großer Applaus also. Wir setzen uns mit Tränen nieder.

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22.2.2016 – Geist(er)reich: Piotr Anderszewski im Kammermusiksaal

Dieses Konzert hat kein Programm, sondern eine Form: das romantische Muster ABCBA. Zwei Partiten von Bach (A) rahmen drei geisterhafte Stücke, nämlich den Faschingsspuk Papillons und die Geistervariationen von Schumann (B) sowie Karol Szymanowskis mediterranen Homer-Tagtraum Métopes (C).

Ein sehr ähnliches Konzert hat der polnische Pianist Piotr Anderszewski bereits im November 2014 im Konzerthaus gespielt, damals war der Saal unbegreiflicherweise halbleer. Der Kammermusiksaal, der fast genauso viele Plätze hat, ist dagegen ausverkauft, was wohl kaum nur an der besseren Akustik liegen kann; denn richtig gut hört man ein Klavierrezital im Kammermusiksaal nur in den Blöcken A, D und E.

Dort allerdings entfaltet sich die romantische Aura auf vollkommene Weise; wem der wunderbare Francesco Piemontesi zu nüchtern schien, der ist bei Anderszewski bestens aufgehoben. Der Saal ist atmosphärisch verdunkelt, der wie immer schwarzgekleidete Anderszewski sitzt auf einem Stuhl, keinem Klavierschemel – Stimmungszauberei, doch ohne Weihrauch. In den hochstilisierten Tänzen von Johann Sebastians Bach Partita Nr. 6 e-Moll BWV 830 huschen die Schlüsse gespenstisch vorüber. Anderszewski bewirbt sich um keine Settecento-Originalklang-Medaille, stattdessen möchte man fast von Sfumato sprechen, wenn es nicht so nach Pedalmissbrauch klänge. Denn auch wo Anderszewski viel Pedal benutzt, etwa in der Sarabande, herrscht der Eindruck völliger Klarheit, ein durchsichtiger Klangnebel. Vor allem aber erklingen in diesem nichts verschleiernden Sfumato die klarsten Abstufungen, die man sich wünschen kann, jede Linie wird herausziseliert und farbig nuanciert. Umgekehrt bleiben auch durchaus wuchtige Klänge, etwa die Arpeggien in der eröffnenden Toccata, feinsinnig abgetönt. – Eine ebenso stilisierte Tanzsuite, nun aber aus romantischem Geist, sind Robert Schumanns Papillons op. 2, in denen die Walzer, Polonaisen usw einer Faschingsnacht aphoristisch vorbeiflattern. Mögen sich hartherzige Puristen an Anderszewskis Bach noch stoßen, kann es an seinem innigen Schumann keinen Zweifel geben. Der einzige Einwand des Konzertgängers richtet sich gegen den Komponisten selbst: Am Schluss hat Schumann ein paar Töne zu viel komponiert, die kurz vor Ultimo erklingenden sechs Glockenschläge im Diskant wären der vollkommene Schluss.

Spiegelbildlich die zweite Hälfte des Konzerts: erst Schumann, dann Bach. Schumanns zur Zeit seines Zusammenbruchs entstandenen  „Geister-Variationen“ Es-Dur mögen keine große Variationenkunst wie etwa die Sinfonischen Etüden sein, es legen sich ja lediglich einige Tonnebel und -schwaden um das Thema; aber dieses letzte Thema ist nun mal zum Zerschmelzen schön, und wen die todtraurigen Geistervariationen nicht rühren, der hat kein Herz. Ohne Unterbrechung schließt Anderszewski Bachs Partita Nr. 1 B-Dur BWV 825 an, die nun klingt, als wollte Bach dem armen Schumann die Ruhe und den Frieden schenken, die dieser in unserer Welt nicht mehr erlangen konnte. Wenn in der abschließenden Gigue die Hände sich à la Scarlatti oder Rameau kunstvoll kreuzen, klingt das wie spielerische Erlösung.

Dazwischen – und auf diese Weise dezent ins Zentrum des Konzerts gerückt – spielt Anderszewski die Métopes op. 29 von Karol Szymanowski. Wer Skrjabin oder Ravels Gaspard mag, wird auch diesen sonnendurchfluteten Tagtraum nach Homers Odyssee lieben. Tempelreliefs aus Selinunt inspirierten Szymanowski zu dem dreisätzigen Stück, das das Gegenteil von klassischem Bildungsstaub ist: die körperlichste Musik an diesem Abend. Sie erinnert nicht nur an die Antike, sondern auch an Zeiten, als Süditalien und Nordafrika noch das Sehnsuchtsland der verfemten bürgerlichen Homosexuellen Europas waren. Erst die Sirenen, dann Kalypso, schließlich Nausikaa: Diese sirrende, flirrende Musik ist ein einziges Locken; alle Sätze steigern sich und kulminieren in dreifacher Erlösung, die durchaus ejakulativ klingt.

Ein be- und vergeisterndes geist(er)reiches Konzert, das der Stimmungszauberer Piotr Anderszewski mit drei Zugaben von Leoš Janáček beschließt.

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15.1.2016 – Horchend: Audi-Jugendchor und Akamus feiern die h-Moll-Messe

Endlich mal frohe Botschaft von einem deutschen Autobauer! Die Audi-Jugendchorakademie führt, gemeinsam mit hochkarätigen Solisten und der Akademie für Alte Musik, Bachs h-Moll-Messe auf, zuerst in Berlin, dann in München, am 20. März bei den Thüringer Bachwochen in Weimar. Wenn sich 80 Nachwuchsmusiker und ehrgeizige Laien, von der Gesangsstudentin bis zum Jungingenieur, an ein solches Monument der Musikgeschichte wagen, mag der eine oder andere im Auditorium sich fragen, ob alles gutgehen wird. Aber in der voll besetzten Gethsemanekirche im Prenzlauer Berg wird schnell klar, dass solch beckmesserischer Argwohn

1. eine unangemessene Haltung ist, wenn man dem Vollzug des grössten musikalischen Kunstwerks aller Völker und Zeiten (H.G. Nägeli, 1818) beiwohnt, und

2. der Chor wirklich gut ist, nicht nur wegen seiner wunderbar jungen Stimmen. Der Chor klingt, bis ins 8stimmige Osanna, hervorragend durchstrukturiert und austariert.

Eine Kirche, selbst die Gethsemanekirche, ist kein Konzertsaal, aber einem gewissen akustischen Minus steht hier ein großes spirituelles Plus gegenüber, auch wenn man etwas protestantisch sitzt und die Apsis mit Bauplanen verhängt ist. Doch das schwebende und anschwellende Qui tollis des Gloria ist nicht nur klanglich ein Erlebnis. Das Crucifixus geht durch Mark und Bein, und wenn das Sanctus in Triolen zum Himmel wogt, steigt der Blick des Hörers sehnsüchtig ins Sterngewölbe des Kirchenschiffs.

Den Chor ergänzen fünf sehr gute Solisten, unter denen der Countertenor Benno Schachtner noch einmal herausragt, der ätherische Pianissimo-Schluss des Agnus Dei scheint nicht von dieser Welt. Und der vom Chorleiter Martin Steidler dirigierten Akademie für Alte Musik zuzuhören, ist erwartungsgemäß eine Freude, auch wenn man nicht alles hört: Das Horn und die Fagotte in der geradezu bizarr instrumentalisierten Arie Quoniam tu solus sanctus (gesungen vom sehr beweglichen Bass Sebastian Noack) verhallen im weiten Raum, so dass man eher ein allgemeines Brummen hört. Im Herkulessaal in München wird das anders sein. Die höheren Instrumente, etwa die warmen Traversflöten und Oboen, klingen in der Kirche viel besser durch, es ist eine Freude, jedem einzelnen dieser erstrangigen Instrumentalisten zuzuhören. Die historischen schlaksigen D-Dur-Trompeten strahlen heller und jubelnder als jedes moderne Instrument. Und der Geigenton des Konzertmeisters, in der Sopran-Arie Laudamus te ebenso wie im Agnus Dei, wecken in der Frau des Konzertgängers den innigen Wunsch, Bernhard Forck möge einmal als Solist eines ihrer Lieblingswerke vortragen, Biber, nicht Justin, sondern Heinrich Ignaz Franz, die Rosenkranzsonaten.

Wenn zwei Stunden auf einer harten Holzbank, dicht an dicht und trotzdem fröstelnd, wie im Fluge vergehen, muss es ein gutes Konzert gewesen sein.

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29.11.2015 – Nicht wenig brillierend: Alban Gerhardt spielt und diskutiert Bachs Cello-Suiten

Da staunt der Laie, wie offen das Herz ist, an dem der Interpret operiert. Zwar weiß er aus eigener dilettantischer Instrumentalunterrichterinnerung, dass mit dem korrekten Treffen des vorgeschriebenen Tons noch nichts gewonnen ist. Aber wenn der Cellist Alban Gerhardt im Radialsystem V dasselbe Präludium mal romantisch breit anspielt, mal mit kurzem Barockstrich, dann beflissen-etüdenhaft, wird dem Hörer klar, wie viele grundlegende Entscheidungen der Interpret treffen muss.

J.S. Bachs Cello-Suiten, in denen es kaum dynamische u.ä. Vorgaben gibt, eignen sich für diese Demonstration natürlich besser als etwa Beethovens Klaviersonaten, die von peniblen Spielanweisungen strotzen. Alban Gerhardts Gesprächspartner Clemens Goldberg, eloquenter wie kompetenter Kulturradio-Journalist, treibt den Cellisten bei den spieltechnischen Demonstrationen zu größerer Deutlichkeit,  ja Plakativität an. Ganz im Sinne des indiskreten Publikums, das dieser intimen Zwiesprache zwischen Musiker und Instrument beiwohnt. Da Goldberg selbst Cellist ist (und zwar ein hervorragender, wie er bei der 6. Suite D-Dur auf fünfsaitigem Barockcello beweist), gerät das Gespräch oft zur Fachsimpelei unter Praktikern, in der sich alles um Bögen, Bindungen und Bariolage dreht. Man bezweifelt den Sinn der wie zufällig gesetzten Striche, die Anna Magdalena Bach in der Handschrift des Präludiums der 1. Suite G-Dur gesetzt hat, spöttelt milde über Rostropowitschs Schlussfermate oder diskutiert die Verwendung des Daumens (wie auf Walter Ruttmanns Bild): streng verboten, aber unvermeidlich, wenn man Bach auf dem modernen Cello spielt.

Das ist anregend und aufschlussreich, allerdings keine Einführung in dem Sinne, wie sie in anderen didaktischen Formaten geboten wird. Hörer, die einem hochauratischen Meisterwerk auf die analytische Spur zu kommen hoffen, bleiben möglicherweise unbefriedigt. Aber der unverkrampfte Einblick in die Praxis und die Erkenntnis, dass Interpretationen mit spieltechnischen Entscheidungen beginnen, machen gerade den Reiz dieses lockeren Gesprächskonzerts aus.

Was das Große und Ganze angeht, wirft Goldberg immer wieder Deutungsmuster in den Raum, die Gerhardt eher zögerlich aufnimmt: Johan Matthesons Charakterisierungen der Tonarten etwa (G-Dur brilliert nicht wenig, erfahren wir, in Es-Dur führt man das Gespräch mit Gott, in D-Dur virtuosen Krieg) oder auch Goldbergs Insistieren auf maritimen Assoziationen. Das Cello da spalla, für das die Suiten ernüchternderweise eigentlich geschrieben sein könnten (und von dem es lustige Bilder gibt), tut Gerhardt nonchalant als blöde große Bratsche ab und plädiert dafür, die Suiten gern auch auf der Posaune zu blasen – wenn man es nur gut mache.

Mit elf Jahren, erinnert sich Alban Gerhardt, habe er alle sechs Cello-Suiten in einem Konzert gehört: die langweiligste Erfahrung seines Lebens. Die Besucher dieses Gesprächskonzerts, im Alter von 6 bis 99 Jahren, erleben anderthalb kurzweilige Stunden, die Lust auf die Cello-Suiten machen. Auch wenn man bei Rostropowitschs Schlussfermate von nun an die Stirn runzeln wird.

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27.+28.11.2015 – Bruckner-Wochenende mit Marek Janowski und dem RSB

Zweimal Bruckner…

Ach, der Beckenschlag! Sogar der Sohn des Konzertgängers hat schon mal davon gehört: Dass ein Musiker in einem über einstündigen Werk nur einen einzigen Einsatz hat, findet er toll. Dass dieser Umstand bereits einen Neunjährigen beeindruckt, der Anton Bruckners 7. Sinfonie E-Dur noch nie gehört hat, beweist: 1. dass Bruckners Einflüsterer ganz richtig kalkulierten, als sie ihm den effektvollen Beckenschlag aufschwatzten; und 2. dass der besonders seriöse Interpret diesen Effekt guten Gewissens weglassen kann. Wie es mancher Tintenbube verlangt.

Marek Janowski muss seine Seriosität aber nicht beweisen, indem er naive Hörer vor den Kopf stößt: So wenig wie die Siebte den Beckenschlag braucht, so wenig braucht sie es, ihn wegzulassen. Dass Marek Janowskis Bruckner eine Bank ist, weiß man; aber wie gut diese Siebte ist, verschlägt einem trotzdem den Atem. Bereits der Anfang ist ein Wunder an Klarheit. Je durchsichtiger Bruckner klingt, desto mysteriöser: Der erste Satz scheint wie eine Phrase, ein einziger langer Atemzug, und alles taghell; umso eindrucksvoller dann der erdige Klang der Wagnertuben zu Beginn des Adagio und später das Herniedersinken der Nacht. Bis ins Finale hält der Sog: Über einen Tremoloteppich gelangen wir in die Ewigkeit, über einen Tremoloteppich müssen wir wieder hinaus. Für so einen Bruckner ist man: dankbar. (Obwohl der Konzertgänger etwas eifersüchtig auf Bruckner ist, diesen Hagestolz, der in den Frauen Ekstasen hervorruft, wie es dem schnöden Gatten nie gelingt.)

Die Siebte am Samstagabend ist der krönende Abschluss eines originellen Konzertpaares, das das Rundfunk-Sinfonieorchester am Freitag mit Bruckners Messe Nr. 2 für achtstimmigen Chor und Bläser e-Moll begann. Der Verzicht auf Streicher hat einen äußerlichen Grund, Bruckner komponierte die Messe für eine Freiluftaufführung auf der Baustelle des neuen Linzer Doms 1869. Sie fördert aber auch einen Eindruck von Strenge, der mit den eklektischen Elementen (Gregorianik-Sound, Kontrapunktik, Wagner-Anklänge im Agnus Dei) eine eigenartige und faszinierende Verbindung ergibt. Überraschende Assoziationen stellen sich ein, die Holzbläserketten zu Beginn des Gloria erinnern an Strawinsky, das gleißende Hosanna in excelsis im Sanctus an Messiaen, die fast poppige Auferstehung im Credo gar an Michael Nyman… Vor allem aber glänzt hier der von Florian Benfer geleitete MDR Rundfunkchor Leipzig, der etwa im miserere nobis des Agnus Dei Momente von überirdischer Schönheit schafft.

… und dazu Bach, Britten, Hindemith

Eigenartig und faszinierend auch, wie Janowski und das RSB Bruckner kombinieren: Im Anschluss an die Messe für Chor und Bläser erklingen zwei Werke, in denen nur die Streicher des Orchesters spielen – und natürlich das Cembalo in J.S. Bachs Brandenburgisches Konzert Nr. 3 G-Dur. Bach hat hier einen satten Sound, der fast altmodisch wirkt. Zugleich geht Janowski es, wenn auch gewiss nicht „historisch“, so doch ziemlich flott und mit scharfen Kontrasten an. Wunderbar die Grummelpassage der Bässe im ersten Satz. Der motorische Schlusssatz erinnert fast an den Kopfsatz einer Schumannsymphonie; trotz Hochdruck wirkt dieser Bach aber geradezu beiläufig.

In Benjamin Brittens Les illuminations nach Texten von Arthur Rimbaud  (1939) gibt es jede Menge Bläser, aber sie werden alle von Streichern gespielt: so bereits die Fanfare im ersten Stück, die die Bratschen schmettern. Auch Gläser und Glocken (Phrase) oder Lauten (Antique) können die Streicher des RSB. Es singt Jacquelyn Wagner , die beim RSB 2014 bereits Florence Schmitts durchgeknallten 47. Psalm darbot, ein unvergesslich irres Konzerterlebnis. Mag ihr nicht gerade fragiler Sopran das Mysteriöse etwa des Being Beauteous vielleicht etwas subilluminieren, so beeindrucken die famosen Wogen des Marine (das dann als Zugabe wiederholt wird) umso stärker.

Eine harte Nuss, die Janowski mit der geradezu bizarren Kombination Brucknermesse – Bach – Britten/Rimbaud dem denkenden Hörer zu knacken gibt!

Etwas ratlos machte den Konzertgänger hingegen Paul Hindemiths Konzert für Orgel und Orchester (1962), das am Samstag vor der Siebten erklang: Mal etwas anderes als Saint-Saëns‘ Orgelsymphonie, freut man sich – und hört dann ein behäbiges Klangspektakel für ausgemachte Hindemith-Fans, eine aussterbende Spezies. Orchester und Orgel treten sich als zwei gleichmächtige Blöcke gegenüber, die Registerwechsel sind auf Dauer wenig faszinierend, trotz eindrucksvoll sirrender Passagen und kräftiger Steigerungen fühlt der Konzertgänger sich wie auf einem rauh bezogenen Altherrenohrensessel mit Fernet branca und Werther’s Echten. Oder wie der gemeine Hindemith-Skeptiker gern sagt: Es klingt spröde. Aber das mag auch an den Ohren des Hörers liegen, nicht an Hindemith.

Ganz sicher liegt es nicht an der großartigen Organistin Iveta Apkalna (im weißen Hosenanzug und mit güldenem Haarkranz & Schuhwerk). Die Zugabe, ein Stück von Thierry Escaich, fegt jeden Hörer vom Sessel.

Und dann folgt ja noch Bruckners Siebte.

Zum Konzert am 27. und am 28. November

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Berliner hören günstiger

Mag auch unser Mietspiegel durch die Decke schießen, und das, obwohl unser Flughafen das Gespött der Nation, unser Essen schlecht und unser Umland staubig ist… so können wir doch die h-Moll-Messe zum halben Preis hören wie die Münchner:

Aber sprechen wir lieber von doppelt so günstig. Denn: Es ist die h-Moll-Messe. Es ist die Akademie für Alte Musik. Es sind hervorragende Solisten und ein großartiger Jugendchor.

Für Madonna im November gibt es „Premium-Tickets ab 199 Euro“. Für diesen Preis kann der Münchner zwölf Freunde zur h-Moll-Messe mitnehmen und hat noch Geld für einen Cappuccino zu Münchner Preisen übrig.

Aber der Berliner nimmt achtundzwanzig Freunde mit, hat noch Geld für einen Döner und drückt das Kleingeld einem Motzverkäufer in die Hand.

Anmerkung: Die Akademie für Alte Musik weist zurecht  auf die unterschiedlichen Spielorte hin, in Berlin die Gethsemanekirche, in München der Herkulessaal. Es wäre interessant, beide Konzerte im Vergleich zu hören.

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