Liebesverwesend: Luca Francesconis „Quartett“ an der Staatsoper Berlin

Phallussymbol, verwesend

Alljährliche Aufführung eines zeitgenössischen Werks an der Staatsoper Unter den Linden – wo das Publikum schon vor Corona Abstand hielt und wo der vereinzelte Kenner sich bereits keinen Crémant leisten konnte, als die Bar noch geöffnet war. Mit Vereinzelung hat auch (wieder mal und natürlich, möchte man fast sagen) Luca Francesconis 2011 uraufgeführte Oper Quartett zu tun, deren zweite Vorstellung ich besuche. Denn nirgends ist der Mensch so vereinzelt wie in der Folgeaufführung eines Neue-Musik-Stücks nach der Premiere sowie im Auf und Ab des Liebesbegehrens.

Eine halbe Erdkugel aus Beton füllt die Bühne, eine Mischung aus Todesstern und Hodscha-Bunker; oder auch ein riesiger abgespielter Fußball (Bühne Barbara Hanicka). Endlich erfährt man mal, wie es im Inneren so eines abgespielten Balls aussieht: sehr trostlos, momentweise nicht unerotisch, aber viertelstundenweise langweilig.

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Arki abubu: Jörg Widmanns „Babylon“ an der Staatsoper

Kriegenburg, Widmann, Sloterdijk (v.l.n.r.) besichtigen eine Oper

Die Gedenkminute für den gestorbenen Michael Gielen vor der Premiere ist nicht nur die hustenloseste Minute der ganzen Saison, sondern auch der konzentrierteste Klang des Abends. Dabei wird die Stille ja auch später beschworen im wohl aufregendsten Auftritt überhaupt in Jörg Widmanns exuberantem Spektakulum Babylon, wenn das weite und schöne Gewölbe der himmlischen Stimme von Marina Prudenskaya als Euphrat im wallenden Flutenkleid sich an den Moment nach dem Rückgang der Sintflut erinnert. Da erschrickt der Himmel selbst vor der eigenen Tat, angeohrs dieser Stille, gleich einem Bett, in dem ein Kind gestorben ist. Glasharmonika und Akkordeon machen den Orchesterklang schwerelos. Ein wirklich anrührender Moment innerhalb einer Flutwelle von Sound und Gerede, die alles, was anrührend sein könnte, zu verschlucken droht.

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20.1.2017 – Polyphon: Ultraschall-Festival im Heimathafen Neukölln

Die Verbindung Stimme/Streicher ist erotischer und epiphanischer als die klassische Kombination Stimme/Klavier. Das beweist das erste von drei Konzerten, die im Rahmen des Ultraschall-Festivals für neue Musik am Freitag im Heimathafen Neukölln stattfinden. Der Stimme in all ihren Facetten widmet sich das diesjährige, noch bis Sonntag laufende Festival.

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