Hej! Weselmy się!

Für Weihnachtskonzerte gelten eigene Gesetze. Wie voll wäre die Philharmonie bei einem normalen Abokonzert mit Zemlinsky, Pärt, Lutosławski, Honegger und (na gut) Bach? Bei dem originellen Weihnachtskonzert des Rundfunk-Sinfonieorchesters und mehrerer Chöre mit Vladimir Jurowski aber ist sie rappel. Reuelose musikalische Völlerei, mit einigen Prisen Askese, quer durch Europa.

Alexander Zemlinskys 1910 entstandene Vertonung des lebensbegleitenden, allerschönsten Psalms 23 Der Herr ist mein Hirte scheint mit Gebimmel und Harfnerei doch eine ästhetische Verirrung. Aber wie außerordentlich schön bimmelt und harft das RSB! Und die Berliner Singakademie, Laienchor der gehobenen Klasse, macht ihre Sache auch gut. Für den Psalm 121 hat Arvo Pärt einen adäquateren Klang gefunden, Beschränkung auf Streichorchester, der warme Countertenor von Andreas Scholl wiederholt lange immer denselben Ton und wechselt insgesamt viermal von mittel nach hoch und umgekehrt; während Pärts Vaterunser bedenklicher auf dem Kitschgrad balanciert. Weiterlesen

Stuffkommodierend: Wiener Philharmoniker mit Riccardo Muti spielen Mozart & Bruckner

Wiener um 1890, oder: Ist Weibsvolk anwesend?

Berlin ist so piekattraktiv geworden, sogar die Wiener Philharmoniker verbringen eine Adventswoche hier; dabei sind die doch eigentlich Besseres gewöhnt, so stadtmäßig. Das Konzerthaus Berlin packt die kakanische Gelegenheit beim Schopf und macht aus ihr ein Festival: mit den üblichen Klischees (Habe d’Ehre, schöne blaue Donau usw.), einem abwechslungsreichen Programm sowie einer fast 150seitigen Festschrift, die über das bei solchen Anlässen oft übliche Alibi-Maß hinausgeht. Sie dreht sich nicht nur um Geschichte und Gegenwart des selbstverwalteten Orchesters (wobei man etwa erfährt, dass einer der drei Mit-Initiatoren, Alfred Julius Becher, 1848 als Revolutionär hingerichtet wurde), sondern auch ums „Orchester der Zukunft“ mit Perspektiven vom Mahler Chamber Orchestra über das Ensemble Resonanz bis zum Andromeda Mega Express Orchestra. Wenn die alle beim Festival aufträten, wär natürlich noch knörker. Im Zentrum aber selbstverständlich zwei Konzerte der Wiener: das erste mit Mozart und Bruckner, klassische Blomstedt-Kombi, es dirigiert jedoch der Wiener Lieblingsdirigent Riccardo Muti. Weiterlesen

22.9.2016 – Metabolisch: Berliner Philharmoniker und Daniele Gatti spielen Honegger, Dutilleux, Debussy

Musikparadies Berlin! Drei Tage lang Henri Dutilleux, von Donnerstag bis Samstag, und das gleich doppelt: im Konzerthaus mit der raren 2. Sinfonie (und der einzigartigen Isabelle Faust als Luxus-Dreingabe) und bei den Berliner Philharmonikern mit Métaboles. Die werden häufiger gespielt, 2013 mit Rattle und vor acht Monaten vom RSB mit Janowski; aber das Programm ist in der Kombination mit Arthur Honegger und Debussy ausgefallen genug, dass die Philharmonie nicht ganz ausverkauft ist. Für ein Philharmoniker-Programm immer ein gutes Zeichen!

50Wenn man Dutilleux‘ Métaboles (1964) zum ersten Mal hört, findet man das Stück schön. Beim zweiten Mal weiß man, dass es ein Klassiker ist. Dutilleux wird man noch spielen, wenn Boulez und Messiaen nur noch im Museum besichtigt werden! Weiterlesen