Doppelmessiast: RSB spielt „El Niño“ von John Adams, DSO „Messiah“ von Händel

Ja is denn heut schon Weihnachten – feinabgestimmte Programmplanung, wo gibts denn sowas? In Berlin sonst kaum, hier lief ja schon mal der Don Giovanni in der Staatsoper und gleichzeitig 600 Meter weiter in der Komischen Oper. Nun aber kann man an einem einzigen Wochenende überschneidungslos zwei wildwuchernde Heilands-Oratorien erleben: am Samstagnachmittag und Sonntagabend Händels Messiah in der Philharmonie, dazwischen am Samstagabend John Adams‘ El Niño im Konzerthaus. Ersteres mit dem Deutschen Symphonie-Orchester und dem RIAS Kammerchor unter Robin Ticciati (mehr dazu unten); letzteres mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester und dem Rundfunkchor unter Vladimir Jurowski. Weiterlesen

Obskur schön: Ticciati und DSO spielen Berlioz‘ „L’enfance du Christ“

Seltsame bis haarsträubende Rührseligkeit am dritten Advent. Aber haarsträubend nicht zum Wegrennen, sondern zum unbedingt Dableiben: Das Deutsche Symphonie-Orchester spielt unter seinem neuen Chef Robin Ticciati die so obskure wie hörenswerte Weihnachtsschmonzette L’enfance du Christ, die Hector Berlioz zwischen 1850 und 1854 auf verschlungenen Wegen zusammenfrickelte.

Von einer hochdramatischen Herodes-Oper (inklusive judäischem Wahrsager-Hexensabballett) über aufdringlich schlichte Krippenspielbeschaulichkeit bis zur Flucht nach Ägypten reicht die Bandbreite dieser Geistlichen Trilogie, die Berlioz auf einen eigenen, unsäglich scheinenden Text fabrizierte. Interessant, dass der geniale Berlioz nicht nur Homer, Vergil, Goethe und Shakespeare verwurstete, ohne einen Deut von deren sprachlichen Eigenheiten zu bewahren, sondern sogar das Neue Testament schamlos-schön verhunzt hat. Weiterlesen