Weder ängstlich noch kleinlich? Daniel Hope grollt nicht

Zum Fall des Dramaturgen Arno Lücker, der wegen Beleidigung des Geigers Daniel Hope vom Konzerthaus Berlin rausgeschmissen werden soll, gibt es jetzt eine Stellungnahme des Intendanten – und eine von Daniel Hope selbst, die auf eine besonnenere Lösung hoffen lässt.

Der Konzerthaus-Chef Sebastian Nordmann erklärt:

Es ist der Eindruck entstanden, wir hätten Arno Lücker am Konzerthaus gekündigt. Dies ist nicht der Fall. Arno Lücker moderiert als freier Mitarbeiter fünfmal in der Saison die Reihe „2x hören“ am Konzerthaus Berlin. Ich habe lediglich entschieden, ihn für die kommende Saison nicht erneut als Moderator zu engagieren. Es geht mir dabei nicht um den „Shred“ als solchen, sondern um den eingesprochenen Text mit sexuellen Ausdrücken, die ich als beleidigend und respektlos empfinde. Diese Art von „Humor“ ist nicht mit den Aufgaben eines Moderators vereinbar, der zugleich Gastgeber am Konzerthaus ist.

Schicksal von langjährigen „freien“ Mitarbeitern, dass man nicht gekündigt wird, sondern nur nicht erneut engagiert. Vielleicht erklären diese Machtverhältnisse das in der Kulturwelt verbreitete Streben, bloß nicht anzuecken: Eine vielleicht fehlgeschlagene Satire, eine Entgleisung kann die Existenz kosten, ohne dass man sich juristisch dagegen wehren könnte.

Keine Ahnung übrigens, ob und wie fehlgeschlagen die Satire ist. In der englischsprachigen Ausgabe des VAN-Magazins heißt es über die Reaktionen auf Lückers Video: What’s missing is that the video is genuinely funny, if you can stomach the average American standup comedy routine. 

Auf das kursierende Gerücht, Daniel Hope hätte den Rausschmiss verlangt, geht der Intendant nicht ein und lässt damit den beleidigten Star im Regen vulgo Shitstorm stehen.

Daniel Hope hat sich heute allerdings gegenüber Norman Lebrechts Slippedisc.com erklärt:

Gestern ist ein “offener Brief“ auf sozialen Netzwerken veröffentlicht worden, der folgende Richtigstellung veranlasst: Im Kern geht es um ein von Arno Lücker bearbeitetes Video („Shred“), das einem Moderations-Auftritt von mir eine andere als die originale Tonspur hinterlegt – und zwar explizite Worte über Genitalien, Exkremente und sexuelle Handlungen. Dem Zuschauer erscheint es so, als ob ich diese Worte über mich selbst spreche.  Nach einer Entschuldigung durch Herrn Lücker in einem persönlichen Schreiben ist die Sache für mich nun geklärt. Ich würde mir wünschen, dass wir uns nun alle dem widmen, was unser Beruf und Berufung ist: der Musik. 

Kein Wort also von einem Er oder ich gegenüber dem Konzerthaus. So ist zu hoffen, dass sich Arno Lücker ebenfalls weiter seinem Beruf und seiner Berufung widmen kann: auch am Konzerthaus mit seiner geschätzten Reihe 2xhören.

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8 Gedanken zu „Weder ängstlich noch kleinlich? Daniel Hope grollt nicht

  1. Je öfter ich das Nordmann-Statement lese, umso mehr ärgert mich der Zynismus dieses Kulturfunktionärs. Den Idealismus (vogel)freier Mitarbeiter nutzt man gerne aus, aber bei passender Gelegenheit tritt man ihnen in den Hintern.

    • Keine Ahnung, wie idealistisch der Lücker ist oder „freie“ Mitarbeiter im allgemeinen. Die suchen sich diesen Status ja nicht aus. Aber zu argumentieren, Pustekuchen, der wurde doch gar nicht „gekündigt“, ist wirklich etwas zynisch.

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