Glühend: Kirill Petrenko bei den Berliner Philharmonikern mit Mozart, John Adams, Tschaikowsky

Keine Hysterie am zweiten Tag, gut so. Nach den Berichten über Kirill Petrenkos erstes Icon_03027_Vhod_Gospoden_v_IerusalimKonzert seit seiner Wahl zum künftigen Chefdirigenten stand auch bei seinem Auftritt am Folgetag überkandidelte Euphorie zu befürchten wie bei einem SPD-Parteitag. Als bräuchten die Berliner Philharmoniker einen Erlöser! Aber zum Glück keine Klatsch-Ekstase vor dem ersten Ton, nur wohlwollender Applaus zur Begrüßung. Und am Ende gibt es zwar standing ovations, aber ohne dass Klatsch- und Bravo-Vordrängler die schreiende Stille nach dem Ersterben des letzten Pathétique-Tons zerstörten.

Bewies Petrenko im vergangenen Herbst mit dem Bayrischen Staatsorchester, dass er auch einem ätzenden Werk wie Strauss‘ Domestica Magie einzuhauchen vermag, ist sein Philharmoniker-Programm merkwürdig genug: Mozart, John Adams, Tschaikowsky. Worin besteht der Zusammenhang? Etwa in der klassikfernen Fünfzahl – bei Tschaikowsky der „Walzer“ im 5/4-Takt, in Mozarts Haffner-Sinfonie das irritierend fünftaktige erste Motto?

Was auf dem Papier beliebig scheint, erschließt sich dem Ohr.  Weiterlesen

8.6.2016 – Einsam: Sibelius Orchester spielt Mozart und Franz Schmidt

Zu den musikalischen Freudenquellen von Berlin gehören seine „Laien“-Orchester: nicht nur wegen ihres teilweise bemerkenswerten Niveaus, sondern auch wegen der ausgefallenen Stücke, die da manchmal zu hören sind. Das Berliner Sibelius Orchester führte am Mittwoch im Konzerthaus die selten, hierzulande eigentlich nie gespielte 4. Symphonie C-Dur des Österreichers franz_schmidtFranz Schmidt (nicht zu verwechseln mit Franz Schmidt und Franz Schmidt) auf: ein 50minütiges Werk von 1932/33 voller Trauer, Träume und Tonalität. Schmidts Schmerz um seine im Wochenbett gestorbene Tochter scheint ebenso darin eingeschrieben wie die Wehmut um die Klangsprache einer untergegangenen Welt.

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