Mephistophelig: Zlata Chochieva spielt Rachmaninow, Chopin, Skrjabin und Liszt

Feierlicher Nachschlag zum diesjährigen Berliner Klavierfestival: Raritäten aus dem geheimen
Rachmaninow-Keller und mehr mit der vielversprechenden russischen Pianistin Zlata Chochieva im Kleinen Saal des Konzerthauses. Mit den drei Stücken aus Sankt Sergejs 1941 entstandener Transkription der E-Dur-Partita BWV 1006 etwa könnte man Rechtgläubige der Hystorisch Informyrten Bachsocietas wohl foltern, andererseits, wenn schon Bach auf modernem Flügel, warum dann nicht mit Schmackes? Zumal Chochieva das eben doch geschmackssicher dosiert, fast dezent. Die Firma Bösendorfer klingt bei ihr nie nach Rausch, Dröhn & Donner.

Auch in Rachmaninows 1. Sonate d-Moll von 1907 gerät das Instrument nicht einmal in basslastige Schieflage, dafür weiß Chochieva es berührend zum Singen zu bringen. Ob sich in dieser langen, farbenreichen Erzählung alle strukturellen Facetten des Werks angemessen entfalten, mögen bessere Kenner des jedenfalls wunderbar anzuhörenden Werks entscheiden.

Ratespiel dazwischen bei sechs Mazurkas, welche von wem ist. Gar nicht so einfach. Auflösung: Die hier wie Schatzkästlein aus der Feenwelt klingen, sind von Chopin. Die man zuerst für Chopin hält, aber plötzlich so wirken, als hätte der Komponist Notenköpfe angesengt und Notenhälse angeschliffen und vor allem an irgendeinem verbotenen Pilz zumindest linde geschnuppert, sind von Skrjabin. Derselbe Pilz, von dem der späte Liszt satt schnabuliert hat, wie sich in einem Valse oubliée zeigt und vor allem in dem tritonusseligen 2. Mephisto-Walzer, Musik voller Witz, Entsetzen, Gaga und eben auch wieder Gesang. Ohne jedes Teufelspianistengetue und doch von weitaus größerer Mephistopheligkeit als etwa das Finale der oft, und vielleicht etwas beliebig, mit Faust-Figuren in Verbindung gebrachten ersten Rachmaninow-Sonate. Der Höhepunkt des Abends, trotz Chochievas unbezweifelter und ausgewiesener Rachmaninow-Expertise.

Ekstatisch ist das alles nicht, sondern erzgenau gestaltetes, völlig durchdacht scheinendes, dabei aber doch sinnlich schönes Klavierspiel. Dass Zlata Chochieva auch hammer aussieht, sei hier ausdrücklich nicht erwähnt. Wohl aber, dass das Berliner Klavierfestival auch im Mai 2020 stattfinden wird. Der Pianist Yevgeny Sudbin und das Duo Leine Marshinina stehen schon als Künstler fest, auf die Weiteren sind wir gespannt.

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